Der Semesterbeginn im Studiengang Technikjournalismus an der Ohm Hochschule in Nürnberg rückt näher. Nächste Woche geht es wieder los. Gerade bin ich dabei, die Veranstaltung PR 2.0 vorzubereiten. Und weil ich gerade erst einen interessanten Artikel über die Auswahl von Journalisten für Content Marketing gelesen habe, soll das heute unser Thema sein: Wo kommt der Content her, den wir für Content Marketing und Lead Generierung brauchen? Klar: von Journalisten!

Unternehmen werden zu Medienunternehmen

Das Ungleichgewicht von PR-Leuten und Journalisten ist nichts Neues: Man schätzt, dass auf jeden Journalisten zwei PR-Leute kommen. Dieser Trend wird sich durch das anhaltende Mediensterben in Deutschland sicherlich noch fortsetzen. Unternehmen übernehmen mehr und mehr die Rolle von Medienunternehmen. Sie werden zu Informationsproduzenten – mit festen Redaktionsplänen, Vermittlungszielen und richtigen Redaktionsteams. Die Ausbildung hat darauf lange reagiert: Crossmediales Arbeiten ist heute Standard bei der Journalistenausbildung. Das Ausbildungsziel, möglichst breit aufgestellte Journalisten in den Arbeitsmarkt zu entlassen, ist allerorten erkennbar. Und das ist gut so.

Wie findet man den „richtigen“ Journalisten?

Wer Content Marketing einführen will, braucht eben solche Journalisten, die crossmedial und leserorientiert denken und produzieren. Eine Geschichte ist nicht nur im Blog erzählt, sondern wird in Podcast oder Video, als Präsentation oder Slideshow aufbereitet und über viele Kanäle erzählt. Die Kernkompetenzen sind also:

  • Geschichten erkennen
  • Geschichten erzählen
  • Crossmedial produzieren

Und noch etwas ist wichtig: Während die einzigartige Geschichte mit exklusiver und aktueller Information bei den Medien wichtig ist, um auf dem Medienmarkt zu bestehen, geht es bei der Content Produktion von Unternehmen immer um den Absatz. Der Journalist oder die Journalistin dürfen keine Berührungsängste vor dem „Verkaufen“ haben – das ist ein großer Unterschied zu traditionellen Arbeitsweisen von Journalisten.

Geschichten müssen nicht nur Leser binden, sie müssen Handlungen erzeugen

Handlungen erzeugen heißt im Content Marketing: Informationen aktiv teilen oder Opt-Ins abgeben. Darum geht es, egal ob Fachbuch, Fachartikel oder Blogpost. Wer es nicht schafft, Leser zum Klicken oder zum Ausfüllen von Formularen zu bewegen, wird langfristig kaum sein Ziel erreichen.

Dennis McCafferty hat sechs Punkte ausgemacht, die Unternehmen klären müssen, bevor sie Journalisten einsetzen, ich versuche im Folgenden, diese auf den deutschen Markt anzuwenden, denn sie umreißen klar die Herausforderungen:

1. Seitenwechsel

Journalisten müssen den Seitenwechsel von der vierten Gewalt zum Lohnschreiber mit Marketingzielen bewusst vollziehen. Service hat Vorrang vor dem Nachrichtenwert.

2. Geschichtenerzähler

Recherche und Informationsaufbereitung ist das Eine, eine Geschichte solange zu drehen und zu wenden, dass sie wirklich gut ist, das Andere. Und genau solche Leute braucht es bei der Produktion von Content, der fesselt, fasziniert und zum Handeln anregt.

3. Begreifen

Journalistischer Alltag ist der Umgang mit unvollständiger Information. Oftmals ist nicht mehr in der vorgegebenen Zeit zu erreichen, oftmals ist eine Geschichte nach wenig Recherchen schon spannend (und in puncto Quellen ausreichend abgesichert) genug, dass weitere Informationen nicht notwendig sind. Der Content Marketer muss sich die Zeit für die Details nehmen – er muss Dinge wirklich umfassend und tiefgehend begreifen!

4. Quellen-Arbeit

Links und Verweise machen eine Story im Netz spannend und erhöhen die Glaubwürdigkeit. Aber es müssen die richtigen sein – wichtig ist die Differenzierung: wo wird zitiert, wo verwiesen, wo vereinfacht und zusammengefasst. Erst die richtige Mischung sorgt für den perfekten Content.

5. Präzision statt Blabla

Wer für’s Marketing schreibt, läuft oft in Gefahr, Floskeln aufzunehmen. Floskeln, die nichts aussagen, sondern lediglich ein wohliges Gefühl beim Leser hinterlassen. Sich mit journalistischen Tugenden der präzisen Sprache in dieser Welt durchzusetzen ist existenziell für den Content-Marketing-Journalisten.

6. Messbarkeit

In Deutschland zählen Journalisten zu den Künstlern – die Zuständigkeit der Künstlersozialkasse macht dies jedem Auftraggeber klar. Doch ist Kunst messbar? Messbarkeit ist das A und O des Content Marketing – es wird gemessen und analysiert, verbessert und wieder gemessen. In diesen Regelkreis einzusteigen bedeutet für einen Journalisten das Verlassen seiner künstlerischen Komfortzone.

Ohne Journalisten geht es nicht

Trotz dieser Herausforderungen sind Journalisten mit PR-Erfahrung die richtigen Ansprechpartner für die Content Produktion. Sie sind mit Leib und Seele einer guten Geschichte verschrieben, bringen die Fähigkeiten zum Geschichten-Erzählen mit und – zumindest die, die wir an der OHM Hochschule ausbilden – beherrschen filmische Genres genauso wie die Textproduktion und andere Darstellungsformen. Und Technikkompetenz ist obendrein vorhanden.