Bei der Lead Generierung mit Content Marketing gilt immer „Inhalt gegen Opt-in“. Wer ein Whitepaper, eine Studie oder andere Nutzen versprechende Inhalte herunterladen will, muss zunächst seine E-Mail-Adresse angeben. Hier sind aber auch andere Mechaniken denkbar, unter anderem Facebook Likes.

Im Blog von Thomas Schwenke wurde ich auf das Thema aufmerksam. In seinem Artikel „Per ‚Like‛ bezahlen – Wie legal ist die ‚klickgeile‛ Strategie von Focus?“ beleuchtet Thomas Schwenke die rechtlichen Aspekte des aktuell auf focus.de genutzten Fangates. Als „Fangate“ bezeichnet man eine Zugangsbeschränkung, bei der Inhalte nur dann zugänglich sind, wenn der Leser Fan einer bestimmten Facebook-Seite ist. Hierbei werden Website-Besuchern unter bestimmten Voraussetzungen nur die ersten Zeilen eines Artikels angezeigt, verbunden mit der deutlichen Aufforderung, fürs Weiterlesen zuerst den Facebook Like-Button anzuklicken.

Facebook Fangate

Eine echte Zugangsbeschränkung ist die aufpoppende Sprechblase auf der Focus-Website nicht. Denn durch einen Klick auf den Link „Nein, ich möchte kein Facebook-Fan werden“ kann die Zugangsschranke ebenfalls entfernt werden. Soweit ich es testen konnte, erscheint die Klick-Aufforderung für den Facebook Like-Button nicht bei allen Artikeln. Außerdem sieht man sie offenbar nur, wenn man während des Besuchs von focus.de nicht bei Facebook angemeldet ist. (Der tiefere Sinn dahinter erschließt sich mir allerdings nicht.) Zudem werden Besucher nach dem einmaligen Wegklicken der Sprechblase offenbar (für eine gewisse Zeit?) nicht mehr damit behelligt.

Facebook Fangate soll die Reichweite erhöhen

Der Zweck der Übung ist natürlich eindeutig: Die Fanzahl der Facebook-Seite von Focus soll gesteigert werden. Das vergrößert die Reichweite der eigenen Kanäle. Schließlich ist der Klick auf den „Gefällt mir“-Button einer Facebook-Seite vom Prinzip her nichts anderes als das Ausfüllen eines Opt-in-Formulars auf einer Content-Marketing-Landingpage.

Beim Opt-in-Formular gibt der am Inhalt interessierte Besucher seine Kontaktdaten ein, verbunden mit der Einwilligung, Hinweise zu weiteren themenrelevanten Angeboten des Unternehmens zu erhalten. Bei einer Facebook-Seite bewirkt der Klick auf den Like-Button, dass die Beiträge des Seitenbetreibers im Newsfeed eines Facebook-Nutzers auftauchen. Zumindest theoretisch, denn dank der Filtermechanismen von Facebook schaffen es mittlerweile immer weniger Beiträge von Facebook-Seiten in die Newsfeeds ihrer Fans. Aber das ist ein anderes Thema.

Ähnlich: Pay with a Tweet

Eine andere Variante der Zugangsbeschränkung sind Lösungen wie „Pay with a Tweet“. Statt ein E-Mail-Opt-ins-Formular auszufüllen oder einen Like-Button anzuklicken, ist bei „Pay with a Tweet“ das Absenden eines Beitrags im bevorzugten Social Network (Twitter, Facebook oder LinkedIn) notwendig, um an den Download zu gelangen. Es handelt sich also letztlich um klassisches incentiviertes Empfehlungsmarketing.

Anders als bei einem E-Mail-Opt-in oder dem „Gefällt mir“-Klick auf einer Facebook-Seite wird bei dieser Variante jedoch kein dauerhafter Kommunikationskanal zwischen Unternehmen und Interessent aufgebaut. Stattdessen soll sich die Kunde vom tollen Angebot möglichst weit verbreiten.

Rechtliche Aspekte eines Facebook Fangates

Rechtsanwalt Schwenke kommt zu dem Schluss, dass die Nutzung des Facebook Like-Buttons zur Errichtung einer Zugangsbeschränkung für Inhalte auf der eigenen Website weder gegen die Nutzungsbedingungen von Facebook noch gegen deutsche Gesetze verstößt – zumindest nicht, solange es keine Angriffsfläche für Vorwürfe wegen Schleichwerbung gibt. Dies ist aber hauptsächlich für den E-Commerce-Bereich relevant.

Beim Einsatz im Rahmen einer Content-Marketing-Strategie müsste man meiner Meinung nach schon sehr eigenwillige Konstellationen herbeiführen, um sich wegen Schleichwerbung angreifbar zu machen. Rechtlich gibt es beim Einsatz eines Facebook Fangates im Rahmen des Content Marketings also keine Probleme.

Beim Einsatz von „Pay with a Tweet“ dürfte die rechtliche Lage ähnlich sein. Hier kommt es aber sehr wahrscheinlich auch auf die vom Unternehmen voreingestellte Formulierung des Social-Media-Postings an. Ein „XY-Download ist ganz toll. Das müsst ihr euch auch unbedingt ansehen: [Link]“ ist schließlich etwas anderes als ein eher neutrales „Lade mir gerade den XY-Download von Firma Z auf [Link] herunter“. Allerdings bin ich kein Anwalt. Deswegen empfehle ich jedem, der den Einsatz plant, sich vorher bei einem Fachanwalt zu informieren.

Fangate, „Pay with a Tweet“ oder E-Mail-Opt-in?

Für den Einsatz im Rahmen des Content Marketings sind grundsätzlich alle drei Zugangsbeschränkungen denkbar. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Mechanik sind sie jedoch nicht gleichwertig. Wir empfehlen, im Regelfall das E-Mail-Opt-in zu verwenden und die anderen beiden Varianten nur für einzelne Zielgruppen bzw. Aktionen alternativ oder zusätzlich in Betracht zu ziehen.

Das klassische E-Mail-Opt-in ist nach wie vor die stärkste Variante. Sie ist immer dann empfehlenswert, wenn auf die Lead Generierung ein strukturierter Lead Nurturing Prozess folgen soll. Trotz Spamfilter und Inbox-Überflutung ist bei Lead Nurturing Botschaften via E-Mail noch am ehesten sichergestellt, dass der Empfänger die Nachricht erhält und wahrnimmt. Ob er die E-Mail dann auch tatsächlich öffnet und liest, steht auf einem anderen Blatt.

Selbstverständlich ist die Bewerbung der eigenen Social Media Kanäle im Rahmen des E-Mail-Marketings möglich und auf jeden Fall anzuraten. Ebenso ist es denkbar, in einer Lead Nurturing E-Mail den Download eines für den Interessenten nützlichen Inhalts anzukündigen, vor den eigentlichen Download jedoch ein zusätzliches Facebook Fangate oder eine „Pay with a Tweet“-Aufforderung zu setzen. Die Verknüpfung von E-Mail-Marketing und Social Media bietet interessante Möglichkeiten.

Ein Facebook Fangate oder eine gleichwertige Zugangsbeschränkung, die sich auf eine andere Social Media Plattform bezieht, kann unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll sein: Wenn die Mitglieder der anvisierten Zielgruppen die entsprechende Social Media Plattform tatsächlich intensiv nutzen und gleichzeitig eine – wie auch immer begründete – Scheu habe, ihre E-Mail-Adresse preiszugeben, ist ein solches Fangate mit Sicherheit eine Alternative.

Aufgrund der Funktionsweise von Facebook, Twitter und Co. muss jedoch klar sein, dass diese Alternative nicht gleichwertig ist. Ein strukturierter oder gar von bestimmten Handlungen getriggerter Lead Nurturing Prozess ist mithilfe von Social Media Plattformen nicht möglich. Eher ist es mit dem Versand eines allgemeinen Newsletters vergleichbar. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Zielpersonen die Unternehmensbeiträge tatsächlich zu Gesicht bekommen, deutlich niedriger als bei E-Mails. Dafür gibt es im Gegensatz zum E-Mail-Marketing auf Social Media Plattformen die Möglichkeit der direkten bidirektionalen Kommunikation.

„Pay with a Tweet“ und ähnliche Lösungen sollten als Zugangsbeschränkung nur dann eingesetzt werden, wenn die anvisierten Zielpersonen Social Media Kanäle sehr stark aktiv nutzen. Eine ausreichende Anzahl von Influencern, also Nutzern mit einem gewissen Maß an Reichweite und Einfluss, ist notwendig, damit eine reelle Chance besteht, dass der Empfehlungsmechanismus eine virale Verbreitung innerhalb der Zielgruppe anstößt.

Welche Erfahrungen haben Sie mit den verschiedenen Mechanismen für Lead Generierung, Zugangsbeschränkung und Empfehlungsmarketing gemacht? Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare.